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Ritterturniere

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Eine Tradition, die lange vergessen war

Ritterturniere werden seit dem 10. Jahrhundert beschrieben und waren in ihrer Anfangszeit nicht nur als gefährliche, sondern auch zumeist tödliche Kampfspiele ausgelegt. Ziel eines Turniers war es anfangs, die Ritterschaft während Friedenszeiten in möglichst realistischen Szenarien im Kampf zu schulen. Diese „Spiele“, die zunächst mit originalen Kriegswaffen, also scharfen Waffen ausgeführt wurden, führten jedoch zu derartig vielen Toten und Schwerverletzten, dass sich alsbald eine Turnierordnung ausbildete, die allzu schwere Verletzungen vermeiden sollte. Als erstes Änderung wurde die stumpfe Turnierlanze eingeführt. Sie war zwar noch immer starr, hatte an ihrem Ende jedoch keine Spitze, sondern ein sogenanntes Turnierkrönchen. Etwa zeitgleich ersetzte man scharfe Schwerter gegen stumpfe oder gar Kolben.
Im 12. Jahrhundert begann dann die Hochzeit des ritterlichen Turniers wie wir sie kennen. Ein Turnier war zu dieser Zeit nicht nur Kampfübung, sondern auch Heiratsmarkt und diente der Bewerbung aufstrebender jedoch unbekannter Ritter, die hier ihre Chance sahen, sich hervorzutun und einflussreichen Lehnsherren zu empfehlen
Obwohl inzwischen nicht mehr ganz so gefährlich wie in der Anfangszeit, fielen jedem Turnier dennoch so viele Ritter zum Opfer, dass dies zu echten Problemen bei mittelalterlichen Dynastien führte. In der Folge wurden Turniere mehrfach – auch von der Kirche – verboten.
Dieser Umstand führte ab dem späten 14. Jahrhundert und  im Verlaufe des 15. Jahrhunderts zu einer erneuten Reformation, die man heute als Heidelberger Turnierordnung kennt. Änderungen und insbesondere Entschärfungen wurde insbesondere deshalb notwendig, weil Turniere nun zunehmend zu Wettkämpfen für den höheren Adel geworden waren und tödliche Verletzungen schnell zu Erdfolgestreitigkeiten mit weitreichenden Folgen führten konnten.
Die neue Turnierordnung sah u.a. vor, dass die Rüstungen der Streiter den entsprechenden Waffen gerecht gefertigt werden sollten. Hier entstand das Bild des schwer gepanzerten Ritters, das wir alle vor Augen haben. Er trägt jedoch keine Kampfrüstung, sondern eine Rüstung, die speziell für das Turnier gefertigt wurde und es ihm nicht einmal ermöglichte, alleine auf sein Pferd zu steigen.
Zeitgleich wurde auch ein Punktesystem eingeführt. Siegte bis dato derjenige Ritter, der als letzter noch im Sattel saß und kämpfen konnte, war es nun möglich, auch ohne schwere Verletzungen ein Turnier zu überstehen. Der Bruch einer Lanze wurde ebenso hoch geschätzt wie der Fall des Gegners.
Man siegte zwar nicht, ging aber weitgehend unverletzt aus dem Gemetzel hervor.
Und dennoch gab es Verletzte und Tote zu beklagen. Das wohl berühmteste Turnieropfer dieser Zeit war Heinrich II von Frankreich, durch dessen Helmschlitz ein Lanzensplitter drang. Nach dem Verlust des Augenlichts folgte der Tod nur zwei Wochen später.
Was die Wenigsten wissen: Die Tradition der Ritterturniere wurde bis ins 19. Jahrhundert fast ungebrochen fortgeführt. Erst durch die Reformation des Adels wurde sie von Napoleon Bonaparte verboten.

Manfredius von Würtemberg und Heinrich von Dranchenfels stechen sich beim Üben gegenseitig aus dem Sattel

Rund 176 Jahre später, vor nunmehr 40 Jahren, fanden sich einige Männer zusammen, die sie wieder aufleben lassen wollten. Es handelte sich um keine Mittelalterfans heutiger Prägung, sondern um Nachfolger der historischen Recken. Ihre Erbfolge geht teilweise auf die Schlacht von Worringen zurück, in deren Folge Düsseldorf zur Stadt erhoben wurde und die Pate steht für das Mittelalterfest Düsseldorf.
Diese Männer stehen in direkter Tradition zu den historischen Ritterturnieren und beschlossen, eben  diese wiederauferstehen zu lassen. Sie bildeten ihre Pferde aus, rekonstruierten die Waffen und Rüstungen der Vergangenheit und erprobten was niemand für möglich gehalten hatte: Ein echtes Ritterturnier. Sie sind der Auslöser der Mittelalterfeste und Mittelaltermärkte, die heute allerorts gefeiert werden.

Die Tjost

Wenn man Ritterturnier sagt, dann meint man eigentlich Tjost. Die Tjost wird auch als Lanzenstechen oder Scharfrennen bezeichnet; im englischsprachigen Raum spricht man von Joust, in Frankreich von Jouter.
Zwei Ritter reiten, bewaffnet mit speziellen, sehr schweren Lanzen aus entgegengesetzten Richtungen aufeinander zu und treffen sich in der Mitte.
Während es in der Anfangszeit der Turniertradition dabei tatsächlich um das Aufspießen des Gegeners ging, wurden später genaue Regeln eingeführt, die allzu schwere Verletzungen verhindern sollten. Ab dem 15. Jahrhundert bestanden Tjostlanzen zumeist aus zwei Teilen. Der vordere Teil war aus einem Holz gefertigt, das leichter brach und wurde von der Wucht des schweren hinteren Lanzenteils am Gegner zerbrochen wenn dieser sich trotz der Wucht des Aufpralls im Sattel halten konnte. Nach diesem Reglement reiten die Bergischen Lehnsritter heute ihre Turniere. Man sollte jedoch folgendes wissen: Weder früher noch heute waren oder sind Tjostlanzen angesägt oder irgendwie präpariert damit sie leichter brechen.

Aber heute ist es doch sicher…alles nur Show…oder?

Nein, die gleichen Unfälle wie damals passieren heute noch immer. Im Jahre 2003, vor 14 Jahren also, klappte das Visir des fronzösischen Ritters Berhard de Cuirasse während des Anritts hoch und ein Lanzensplitter durchdrang beide Wangen. Und das ist nur eine von vielen Verletzungen der Neuzeit.

Die Qualifikation

Da das Turnier der Bergischen Lehnsritter ein offener Wettkampf ist an dem – theoretisch – einjeder teilnehmen darf sofern er über ein Pferd, eine Rüstung und eine Lanze verfügt und weil dies auch bereits mehrfach vorgekommen ist, müssen sich alle Ritter vor der eigentlichen Tjost qualifizieren. Dabei müssen sie ihre Geschicklichkeit und Fähigkeiten mit dem Pferd und der Waffe unter Beweis stellen. Wer die Qualifikation nicht besteht wird anschließend vom Herold von der Tjost ausgeschlossen.

Zu den Qualifikations-Exercicien zählen:

Saustechen
Hasenjagd
Helmschlagen
Rolandsreiten
Ringestechen

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